Jörg Sasse - Common Places
c/o Berlin

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14.09.2012 - 04.11.2012

In der alten Bibliothek und späteren Turnhalle im Postfuhramt an der Oranienburger Straße wurden zwei Hauptwerke gezeigt: In zehn Blöcken waren 116 Stillleben aus den Jahren 1983 bis 2012 zu sehen. An der Stirnseite der Halle stand der Speicher-II (entstanden im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet 2010) mit insgesamt 512 Bildern.
Trophäen, Heizkörper, Treppenabsätze, Polstersofas, Lamellenvorhänge, Topflappen, Plastiktiere – diese Motive erscheinen auf den ersten Blick vollkommen zusammenhangslos und wenig spektakulär. Was wird hier eigentlich genau gezeigt? Und wozu? Was hat es mit diesen Interieurszenerien und schlichten Objekten in einer rätselhaft menschenleeren Atmosphäre auf sich? Durch ungewöhnliche Perspektiven und Anschnitte erschließen sich die abgebildeten Dinge des täglichen Lebens oft nicht auf den ersten Blick. Mit seinen hermetischen Kombinationen fordern die Fotografien von Jörg Sasse zu einem genauen Betrachten auf. Erst das tastende Schauen und entschleunigte Beobachten legen Analogien und Korrespondenzen frei, lassen Bedeutungs- und Bildebenen erkennen und führen allmählich zu Erkenntnissen. Dabei entziehen sich diese gleichzeitig einer sprachlichen Ein- und Zuordnung. Indem Jörg Sasse die Oberflächen der Dinge durchdringt und neu arrangiert, zeigt er spielerisch und mit viel Humor, welche subtile Wirkungsmacht das Visuelle besitzt.

Die Bilder der Blöcke geben eine ästhetisch perfekte, formal reduzierte Realität wieder, die aber leichte Brüche aufweist. Bei genauerem Hinsehen entstehen Irritationen, die auf Widersprüchen zwischen Alltagserfahrung und -wahrnehmung basieren. Die Objekte und Situationen wirken in den Abbildungen fremd und gleichzeitig vertraut. Die kompositorische Stringenz und Abstraktion sowie flächig-hypnotische Farbigkeit verstärken diesen Effekt zusätzlich. So verhandeln die Abweichungen von der Realität Aspekte von Malerei, loten Farben aus und setzen Formen neu zusammen. Die Ausschnitte sind teils so gewählt, dass sie entweder verschleiern oder fokussieren. Jörg Sasse hintergeht bewusst Inhalt, Kontext und Vorwissen und entlässt den Betrachter in einem offenen, nicht-zielorientierten Prozess des „sehenden“ Sehens.

Der Speicher II ist eine drei-dimensionale Skulptur, zugleich Archiv und Datenbank. Er beinhaltet visuell überarbeitete Amateurfotografien aus dem Ruhrgebiet von den 1950ern bis 2010. Diese Bilder wurden nach ihrer sprachlich-inhaltlichen Relevanz in 56 Kategorien zusammengefasst, wobei jedes einzelne Foto wenigstens mit drei Schlagworten versehen wurde – von abstrakt und statisch/organisch, über Freizeit, Wasser bis hin zu Industrie und Handel. Jeder Besucher kann sich nach Auswahl einer Kategorie eine eigene Hängung realisieren lassen. Jörg Sasse macht dadurch mit dem Speicher den Besucher selbst zum Akteur im Kunstbetrieb und den Prozess des Kuratierens transparent. Und schließlich stellt der Speicher die Frage nach dem Umgang mit dem Archiv – das Sichtbare ist immer nur ein Teil des Vorhandenen, dem Zufall und dem subjektiven Geschmack unterworfen.
(Einzelaussstellung)















Arbeiten der Ausstellung

Block 10, 2012
235 x 350 cm
92.5 x 137.8 in.

Block 9, 2012
230 x 335 cm
90.6 x 131.9 in.

Block 8, 2012
240 x 310 cm
94.5 x 122.0 in.

Block 7, 2012
225 x 320 cm
88.6 x 126.0 in.

Block 6, 2012
240 x 330 cm
94.5 x 129.9 in.

Block 5, 2012
220 x 280 cm
86.6 x 110.2 in.

Block 4, 2012
160 x 320 cm
63.0 x 126.0 in.

Block 3, 2012
220 x 295 cm
86.6 x 116.1 in.

Block 2, 2012
215 x 295 cm
84.6 x 116.1 in.

Block 1, 2012
195 x 300 cm
76.8 x 118.1 in.

P-10-12-02, Hildesheim 2010
33 x 48 cm
13.0 x 18.9 in.

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